Zur Bedeutung der Kunst bei Friedrich Nietzsche. Teil 1. Die Geburt der Tragödie

Einleitung

[D]ie Kunst ist lang,
Und kurz ist unser Leben.

Faust I
Johann Wolfgang von Goethe
1

Heutzutage wird oft und intensiv über die Fortschritte der Wissenschaft gesprochen. Vieles, ohne was der moderne Mensch sein Leben nicht mehr vorstellen kann, verdankt er den wissenschaftlichen Errungenschaften der letzten Zeit. Die Technik, die entwickelt wird, soll mehr Komfort in die Existenz des modernen Menschen bringen, sein Leben einfacher, erträglicher machen. Wenn man einen Blick in die Vergangenheit wirft, kann man sich schwer vorstellen, wie man vor einiger Zeit ohne Elektrizität und Maschinen leben konnte. Armut und schwere Arbeiten scheinen das Joch zu sein, unter dem das Leben zum Leid wird. Die industrielle Entwicklung, Instrumentalisierung der Forschungsergebnisse, Erschaffung der Maschinen haben dazu verholfen, dass diese Probleme gelöst wurden und das Leben auf ein anderes Niveau erhoben wurde.

In Friedrich Nietzsches Aufzeichnungen aus den Jahren 1882–1883 findet sich ein Satz, der einen wissenschaftlichen Fortschritt zu einem Rückschritt macht: „Der wissenschaftliche Mensch hat Ein Loos mit dem Seildreher: er spinnt seinen Faden länger, geht aber dabei selber — rückwärts.“2 Man bekommt den Eindruck, dass diese Aussage der Erfahrung unserer Zeit blind widerspricht. Wenn man jedoch das menschliche Glück nicht auf einen materiellen Luxus reduziert und in die Tiefe des menschlichen Seins schaut, wird man feststellen müssen, dass die eigentliche Problematik des menschlichen Seins von der Wissenschaft nicht einmal berührt wird. Die Tatsache, dass manche Mitglieder moderner Gesellschaften psychologische Unterstützung brauchen oder sich sogar das Leben nehmen, zeigt eine tiefe Verzweiflung dieser Menschen am Leben, die zwar nicht immer gleich zu sehen ist, über die man aber nicht einfach hinwegschauen kann. Einem scheint etwas zu fehlen, ein Ziel, für welches man kämpfen kann. Wissenschaft kann aber diese geistliche Lücke nicht mit Inhalt füllen. Wissenschaftliche Erkenntnis ist negativer Natur, die erschafft nichts Neues, sondern strebt an, das Vorhandene, die bereits gegebene Welt, zu analysieren. Es wird nichts Positives, absolut Neues erschaffen. Was aber ein Mensch braucht, um seine Existenz als sinnvoll zu erfahren, ist etwas Neues, ein Lebenssinn, etwas, was nicht in der materiellen Gegebenheit gefunden werden kann. Was die Sinngebung betrifft, kann man deswegen, wenn auch nicht von einem Rückschritt sprechen, so doch sagen, dass die Wissenschaft sich in dieser Hinsicht nicht von der Stelle rührt. Eine solche existenzielle Problemstellung kann aber philosophisch angegangen werden, da man philosophische Fragestellungen nicht auf die wissenschaftlichen reduzieren kann. Nietzsche sieht die Versuche, die seit Kant unternommen werden, Philosophie nur als eine Wissenschaft zu verstehen, als eine Fehlentwicklung. So nimmt er 1884 Bezug auf die deutsche Universitätsphilosophie: „Wenn Kant die Philosophie zur ‚Wissenschaft‘ reduzieren wollte, so war dieser Wille eine deutsche Philisterei: an der mag viel Achtbares sein, aber gewiß noch mehr zum Lachen.“3

Dieses Verhältnis von der Philosophie und Wissenschaft wird sehr oft auf den Kopf gestellt: Alles Philosophieren sei ein sinnloses Unternehmen, Philosophie beschäftige sich mit Fragen, die nicht beantwortet werden können, es gebe seit mehr als zwei Jahrtausenden keinen Fortschritt. Klaus Kornwachs schreibt: „Philosophie stellt seit zwei Jahrtausenden Fragen und die Antwortversuche stellen ihre Geschichte dar.“4Und die gestellte Frage ist bereits ein Schritt nach vorne.

Friedrich Nietzsche war sich dieser existenziellen Problematik sehr wohl bewusst, ihm war es auch klar, dass für die von der Wissenschaft entzauberte Welt die bisherigen Antwortversuche nicht mehr zufriedenstellend waren. Im Herbst 1881 ruft er aus: „Wie tief-fremd ist uns die durch die Wissenschaft entdeckte Welt!“5 Wie soll man mit einer Welt, aus der Gott ausgetrieben wurde und die Idee einer sinnvollen Schöpfung erschüttert wurde, zurechtkommen? Wie soll man das Leben in einer säkularisierten, von jeglichem Sinn befreiten Welt ertragen, in einer Welt voller Grausamkeit, Demütigung, Verrat und Leid, in einer Welt, wo alles Leben zum sinnlosen Sterben verurteilt ist?

Auf der Suche nach einer Antwort gelangt Nietzsche zur Kunst. Er bemüht sich sogar aus seinem eigenen Leben ein Kunstwerk zu erschaffen: „Der junge Nietzsche, der auf der inneren Bühne der Tagebücher dem eigenen Leben Bedeutung verleihen möchte, bewundert jene Genies, die nicht nur nach innen, sondern auch fürs Publikum zu Darstellern ihres Selbst, zu Autoren des eigenen Lebens werden konnten.“6 In der Kunst offenbart sich die menschliche Schaffenskraft, vielleicht kann sie einen wesentlichen Beitrag zum Leben leisten.

Nietzsches Haltung zur Kunst war im Laufe seines Lebens bei weitem nicht konstant. Er revidierte und entwickelte seine Ansichten weiter. Alles fängt dennoch mit dem am 2. Januar 18727 erschienenen Buch „Die Geburt der Tragädie aus dem Geiste der Musik“ an, das „innerhalb seines Gesamtwerkes eine herausragende Position“8 einnimmt.

Die Geburt der Tragödie

Im Bezug auf „Die Geburt der Tragödie“ spricht Wiebrecht Ries von der Geburt Nietzsches Philosophie, die sich in diesem Buch ereignet.9 Es ist aber bemerkenswert, dass das kein philosophisches Werk, sondern ein philologisches ist. Nietzsche wurde früh ohne Promotion und Habilitation als Professor für klassische Philologie berufen und hatte die Absicht, mit einer schriftlichen Arbeit zu beweisen, dass er seine Berufung verdient hat.10 Trotzdem scheint Nietzsche sich mit der Zeit immer mehr der Philosophie zuwenden zu wollen. So bewirbt er sich vermutlich im Jahre 1871 um Lehrstuhl für Philosophie in Basel.11 Diese innere Spannung, in der er sich damals befand, spiegelt sicht auch in der „Geburt der Tragödie“ wider. So, während Ronald Hayman hervorhebt, dass das Werk „unbestritten brillant“ sei, charakterisiert er es zugleich als „die Mischung von Philosophie und dichterischen Parodoxon mit der klassischen Philologie“.12

Nicht nur Nietzsches Kritiker heben die Bedeutung der „Geburt der Tragödie“ hervor,13 sondern auch Nietzsche selbst kommt in seinen späteren Jahren immer wieder auf sein Erstlingswerk zurück. 1886 läßt er eine zweite Ausgabe erscheinen, wobei wenn die ursprüngliche Überschrift „Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik“ lautete, die Neuausgabe mit dem Titel „Die Geburt der Tragödie. Oder: Griechenthum und Pessimismus“ versehen wurde.14 Außerdem wurde der zweiten Ausgabe noch eine Vorrede, die mit „Versuch der Selbstkritik“ betitelt wurde, vorangestellt.15 Eine weitere Reflexion Nietzsches über sein Frühwerk findet man in „Ecce homo“ im Kapitel „Die Geburt der Tragödie“.16 Unabhängig davon, wie man diese Bezugnahmen Nietzsches auf seine erste Schrift bewertet, scheint sie für ihn niemals ganz an Bedeutung verloren zu haben.

Wie der Titel des Buches unschwer erraten lässt, handelt es sich um die Geburt beziehungsweise Entstehung der Tragödie und zwar der griechischen. Nietzsche greift aus der griechischen Mythologie zwei Gottheiten heraus, die zwei grundlegende Mächte des Seins symbolisieren, und entwickelt seine Theorie von dem Aufstieg und Niedergang der attischen Tragödie: „An ihre [der Griechen] beiden Kunstgottheiten, Apollo und Dionysus, knüpft sich unsere Erkenntnis, dass in der griechischen Welt ein ungeheurer Gegensatz, nach Ursprung und Zielen, zwischen Kunst des Bildners, der apollinischen, und der unbildlichen Kunst der Musik, als der des Dionysus, besteht“.17

Zwei Vorträge über die griechische Tragödie

„Die Geburt der Tragödie“ ist nicht die erste Arbeit, in der sich Nietzsche mit dem dort behandleten Themenspektrum auseinandersetzt. 1870 hat Nietzsche zwei Vortrage in Baseler Museum gehalten: einen am 18. Januar über „Das griechische Musikdrama“ und den anderen am 1. Februar über „Socrates und die griechische Tragödie“.18 „In ihnen ist die Gesamtkonzeption der Tragödienschrift bereits vorgebildet, die Entstehungs- und Verfallstheorie der Tragödie im Rahmen des Verhältnisses von Kunst und Kultur.“19

Im Vortrag „Das griechische Musikdrama“ entwickelt Nietzsche in Anlehnung an ein Werk der zeitgenössischen Altphilologie, „Geschichte der griechischen Literatur“ von Karl Otfried Müller, die Auffassung, dass die griechische Tragödie aus dem Dionysoskult entstanden ist. Dionysische Feste treiben die feiernden Menschen bis zum Exzess, ins Maßlose, sodass principium individuationis durchbrochen wird und der Mensch sich als Individuum in der Menge verliert und sich in ihr auflöst. Wie in einem ekstatischen Rausch glauben die dionysischen Schwärmer, die dieses Ganze, diese verschmolzene Einheit bilden, dieselben Visionen zu sehen. Am Ende eines Festes kommt allerdings die Zeit, dass alle wieder ihre alte Gestalt annehmen. Und für dieses Stadium hatte der Grieche die Tragödie nötig, die das Ritual war, das den Übergang in die Vereinzelung weniger gefährlich machte.20

Der oben geschilderte Vorgang dionysischer Feste ist die Grundlage oder Urbild dessen, was im griechischen Musikdrama geschieht. Nietzsche sieht die Festlichkeit als Bestandteil der Kunst überhaupt, so notiert er 1880:

„Einstmals muß die Kunst der Künstler ganz in das Festebedürfniß der Menschen aufgehen: der einsiedlerische und sein Werk überhauptausstellende Künstler wird verschwunden sein: sie stehen dann in der ersten Reihe derer, welche in Bezug auf Freuden und Feste erfinderisch sind.“21

Das entscheidende Element des attischen Theaters ist der Chor, der ursprünglich der Satyrchor war. Während die Helden, die den dionysischen Schwärmern entstammen, auf der Bühne untergehen, bleibt der Chor immer bestehen, sodass die Helden als eine Vision des Chors vorgestellt werden. Das Singen des Satyrchors, die Musik, erzeugt also die Stimmung eines dionysischen Festes, in der die Menschen miteinander verschmelzen, und auch das Publikum wird von der Gewalt der Musik verschlungen. Die Protagonisten lösen sich aus dem Chor und, indem sie als Einzelne auftreten, erzeugen sie „lebende Dissonanz“,22 wonach sie wieder im Chor aufgehen.

Das wesentliche Element der griechischen Tragödie sieht Nietzsche demzufolge in der Musik. Rüdiger Safranski bemerkt in diesem Zusammenhang, dass die Tragödie das Verhältnisbvon Musik und Wort symbolisiert: „Das Wort ist Mißverständnissen und Fehldeutungen preisgegeben, es kommt nicht aus dem Innersten und es reicht nicht bis dorthin.“23 Es ist also die Musik, die uns die Erkenntnis über die innersten Strukturen der Welt erschließt und nicht das Wort, nicht der Logos. Der Protagonist, der mit Worten operiert, geht im singenden Chor auf. Aus diesem Gedanken über die Macht der Musik über dem Wort fließt unmittelbar die Idee des zweiten Vortrages über „Socrates und die griechische Tragödie“. Sokrates war bekanntlich derjenige, der den Menschen den Glauben eingepflanzt hat, dass die Welt intelligibel ist, dass man die Wirklichkeit rational erkennen und erforschen kann. Die Vorstellung, die man vom Sein hat, wird viel oberflächlicher, das Unbewusste wird ausgegrenzt, man taucht nicht mehr in die Seinsabgründe, sondern man begnügt sich mit ausgedachten Begriffen, die darauf angewendet werden. Der Optimismus bahnt sich den Weg, die Hoffnung, das die dunklen Lebensmächte sich rational aufhellen und dann lenken lassen. „Denken und Sein sind keinesfalls dasselbe. Das Denken muß unfähig sein, dem Sein zu nahen und es zu packen.“24 Diese Vereinfachung des Weltbildes beeinflusst unmittelbar die Tragödie. Sie wird dem Tod überlassen. Am Ende des Vortrages erwähnt Nietzsche allerdings, dass die Tragödie wiedergeboren werden kann.25

Wenn der erste Vortrag sich noch in Grenzen der damaligen altphilologischen Forschung bewegt, so ist der zweite, der nahezu vollständig in die „Geburt der Tragödie“ übernommen wurde,26 für die Altphilologie so provokativ, dass Nietzsche sich bemüht, dass sein Lehrer Friedrich Ritschl, dem er seine erste Professur verdankt,27 nichts von dem Vortrag erfährt.28

Schopenhauer und Wagner

Aus zwei Vorarbeiten zur „Geburt der Tragödie“ lässt es sich auf zwei Figuren schließen, deren Einfluss auf die frühen Einsichten Nietzsches, was die Kunst betrifft, maßgeblich war. Es sind Arthur Schopenhauer und Richard Wagner.

Die zentrale Unterscheidung der nietzscheanischen Metaphysik zwischen dem Apollinischen und dem Dionysischen geht auf Arthur Schopenhauer zurück, genauer gesagt auf sein Hauptwerk „Die Welt als Wille und Vorstellung“, das Nietzsche fast zufällig, vermutlich Ende Oktober 1865, kennenlernte.29 Er übernimmt Schopenhauers Ideen, modifiziert sie und formt sie um. Was Nietzsche das Dionysische nennt, ist der Wille bei Schopenhauer; das Apollinische ist die Vorstellung.30 Nach Schopenhauer ist der Wille, genauso wie das dionysische Element bei Nietzsche, eine absolute Einheit und absolute Negativität, weil er der unvernünftige Grund der Welt ist, der im ewigen Werden und so die Ursache alles Leidens ist.31Die reinen Formen der Sinnlichkeit, Raum und Zeit im Zusammenspiel mit der Kategorie der Kausalität verursachen, dass das Seiende in einzelne Gestalten zerfällt und als eine objektive Welt vorgestellt wird.32 Daher ist die Bezeichnung „Vorstellung“.

Auch die hohe Schätzung der Kunst und besonders der Musik findet man bei Schopenhauer wieder. Schopenhauer greift auf den platonischen Begriff der Idee zurück. Die Ideen sind jedoch nicht in einem ideellen Reich verankert, sondern sie werden in der Kunst erst erzeugt. So erschafft die Kunst eine andere Welt, die eine gewisse Ruhe vom Werden aufweist.33 Die Musik nimmt eine Sonderstellung in diesem Modell ein. Sie rührt an das Wesen des Seins. Sie hat den gleichen Wert wie die erscheinende Welt selbst. Wenn ein malerisches Kunstwerk „sekundäre“ Qualität hat, da es nur die Abbildung einer Erscheinung, der Welt, ist, hat die Musik den gleichen Rang mit der erscheinenden Welt, weil die Musik die Abbildung des Wesens der Welt, des Willens, selbst ist.34 Nietzsche misst der Musik allerdings noch mehr Bedeutung bei, als dies Schopenhauer tut, denn sie wird bei dem Ersteren nicht bloß als „‚Quietiv‘, sondern Stimulans des Lebens“35 verstanden.

Seit 1868 kannten Nietzsche und Wagner einander persönlich.36 Schopenhauer war gewissermaßen ein Bindeglied zwischen diesen beiden, da Wagner auch von der schopenhauerschen Philosophie inspiriert war, und zwar lebenslang, im Gegensatz zu Nietzsche, der sich mit der Zeit sowohl von Schopenhauer als auch von Wagner distanzierte.37 Wenn Nietzsche am Ende seines Vortrages über Sokrates, der die Schuld daran trägt, dass die griechische Tragödie zugrunde geht, eindeutet, dass die Hoffnung auf die zweite Geburt oder Wiedergeburt der Tragödie besteht, so verweist er eindeutig auf Richard Wagner als den, der den Prozess dieser Wiedergeburt in Gang setzen kann.38

Wie die Tragödie aus dem Geiste der Musik geboren werden soll, lässt sich aus Wagners Konzeption des Gesamtkunstwerkes und der absoluten Musik erklären. Zur Zeit Wagners wurde die Musik als selbständige Kunstgattung gesehen, was nicht immer der Fall war. Bis Ende des 18. Jahrhunderts war man oft der Auffassung, dass sie nur eine begleitende Komponente zum Text darstellt, der Affektäußerung dient und keinen eigenständigen Wert hat. Deswegen musste sich die instrumentelle Musik, die sich auf keinen Text stützte, gegen diese Betrachtungsweise wehren, um nicht als sinnlos zu gelten.39 Demzufolge kann man die Tatsache, dass der Musik bei Schopenhauer und Nietzsche eine herausragende gegenüber den anderen Kunstgattungen Rolle, zukommt, auch als eine Folge dieses Kampfes innerhalb der Ästhetik ansehen. So hat man eine an sich „bedeutungslose Tonfolge“ in eine Kunst umgewandelt, die viel tiefgründiger als alle anderen Künste ist:

„Im Verhältniß zur Musik ist alle Mittheilung durch Worte von schamloser Art; das Wort verdünnt und verdummt; das Wort entpersönlicht: das Wort macht das Ungemeine gemein.“40

Das Verhältnis zwischen der Musik und dem Wort ist nicht mehr, dass die Musik ohne Text ihren Wert verliert, sondern dass der Text nur eine mögliche Deutung einer musikalischen Komposition ist.

Wagner hat selber die Instrumentalwerke zunächst dem Drama untergeordnet: Ohne dazugehöriges Bühnengeschehen verliere die instrumentelle Musik ihre inhaltliche Füllung. Um so eine von anderen Künsten (beispielsweise Dichtung, szenische Handlung) und vom Gesamtkunstwerk losgelöste Musik zu bezeichnen, gebrauchte er den Begriff „absolute Musik“. Nachdem Wagner jedoch Schopenhauers Anhänger wird, ändert er diese Konzeption. Die Musik äußert jetzt das eigentliche Wesen der Handlung und nicht erst durch diese sinnvoll wird. Die Idee der absoluten Musik, die bei Nietzsche autonom ist, liegt dionysischer Musik zugrunde.41 Dass die Musik nicht an eine konkrete Interpretation gebunden ist, zeigt Nietzsche am Beispiel des Volksliedes. Konstituierendes Element des Volksliedes ist die „ursprüngliche Melodie“, die mit verschiedenen Texten versehen werden kann. Kein Text kann die „Weltsymbolik“ der Musik vollständig zum Ausdruck bringen.42

„In der Dichtung des Volksliedes sehen wir also die Sprache auf das Stärkste angespannt, die Musik nachzuahmen.“43

Das Wort erleidet die Gewalt der Musik und sucht sie nachzuahmen, aber mehr vermag es nicht. Der Text wird aus der Melodie geboren:

„Wer eine Sammlung von Volksliedern z.B. des Knaben Wunderhorn auf diese Theorie hin ansieht, der wird unzählige Beispiele finden, wie die fortwährend gebärende Melodie Bilderfunken um sich aussprüht: die in ihrer Buntheit, ihrem jähen Wechsel, ja ihrem tollen Sichüberstürzen eine dem epischen Scheine und seinem ruhigen Fortströmen wildfremde Kraft offenbaren.“44

Aus demselben Geiste der Musik, aus dem die Volksdichtung geboren wird, wird auch die attische Tragödie geboren.

Das Apollinische und das Dionysische

Schon öfter wurden Apollo und Dionysus erwähnt, auf die Nietzsche als Vertreter zweier Götterwelten der Griechen greift, die nach Auffassung der Romantik, die „zur Zeit Nietzsches als kanonisch galt“,45 in einem Gegensatz zueinander stehen. Einerseits ist das die olympische, mit der Dichtung Homers verbundene Religion mit ihren leuchtenden Göttern (Zeus, Apollo, Athene),46 andererseits die chthonische, die „eine ältere Schicht der griechischen Religion als Glauben an die dunkle Mächte der Erdtiefe, wie er in der Dichtung Hesiods sichtbar wird an den Töchtern der Nacht, den Erinyen, den weiblichen Todesgöttinnen (Kore, Demeter, Persephone)“,47 ist. Nietzsche verwendet jedoch die Namen der beiden Götter sehr oft adjektivisch: apollinisch und dionysisch. Daraus lässt sich schließen, dass jedes dieser Adjektive ein Sammelbegriff für ein Bündel von Eigenschaften ist. Genauso wie die Griechen selbst sich ihrer Götter bedient haben, um die mysteriöse, unbekannte Seite der Natur zu entschärfen, indem man die natürlichen Erscheinungen mythisch erklärt, bedient sich Nietzsche dieser zwei Göttergestalten, um zwei verschiedene Aspekte des Seins zu beschreiben. Diese Aspekte stehen in einem Widerstreit miteinander, in welchem sie „durch einen metaphysischen Wunderakt des hellenischen ‚Willens‘“48 die attische Tragödie gebären.

Apollo ist für Nietzsche nicht nur bloß der Sonnengott, sondern Nietzsche spielt mit dem Begriff der Sonne, die scheint, und Apollo wird aus dem scheinenden Gott der Gott des Scheines. Der Schein hat eine gestaltende Funktion, er bringt die Schönheit der Formen, die er erzeugt, mit sich.49 Dieser freie Umgang mit dem Mythos hat bereits am Anfang des Textes einen Anlass zur Kritik seitens der Philologen gegeben. So verfasst Dr. phil. Ulrich von Wilamowitz-Möllendorf Pamphlet „Zukunftsphilologie!“. Nachdem Nietzsches Freunde, Erwin Rohde und Richard Wagner, versucht haben, Nietzsches Schrift gegen die Angriffe zu verteidigen, veröffentlicht Ulrich von Wilamowitz-Möllendorf einen zweiten Teil. Im ersten Teil, im Bezug auf Apollo als den Gott des schönen Scheins, schreibt er: „es gehörte freilich eine gewaltige ‚tapferkeit‘ dazu, aus Apollon, der ‚seiner wurzel nach der scheinende ist‘. (5) auf dem wege des kalauers den ‚gott des scheins‘, d.h. des scheins des scheins, ‚der höhern wahrheit des traumes gegenüber der lückenhaft verständlichen tageswirklichkeit‘ zu machen!“50

Dionysus symbolisiert dagegen die entgegengesetzte Kraft. Von Lust und orgiastischen Trieben gelenkt schafft sie nichts, sondern ist darum bemüht den Schein zu zerstören, jede Ordnung zunichte zu machen, in den Urzustand einer ungeordneten Einheit zu bringen.51 Die eigentliche Äußerung findet das Dionysische in der Musik, wobei Nietzsche wiederum von der dorischen Musik als von der apollinischen spricht.52 K. O. Müller folgend stellt Nietzsche auf diese Weise der dorischen, apollinischen Musik den dionyischen Dithyrambus entgegen.53

Dennoch ist die Kunst nur als Produkt dieses Kampfes von Entstehen und Vergehen möglich. So spricht Nietzsche im Bezug auf das Apollinische und Dionysische vom „Urwiderspruch“.54 Des weiteren wendet sich Nietzsche an Euripides mit den Worten: „Und weil du Dionysus verlassen, so verliess dich auch Apollo“.55 Wenn jemand den Einen verlässt, so entkommt ihm auch der Andere.

Man muss auch in Betracht ziehen, dass der junge Nietzsche einen sehr breiten Kunstbegriff hat. Es sind nicht die physikalischen Gesetze, die die die Welt und alles Leben konstituieren, vielmehr sind es die beiden Mächte, das Apollinische und Dionysische. „[D]ie Welt selbst ist nichts als Kunst“.56 Indem Nietzsche die Welt als „sich selbst gebärende[n] Kunstwerk“57beschreibt, entwirft er eine „Artisten-Metaphyisk“.58

Alles ist in der Welt im Werden, alles kommt und vergeht, jedes Seiende entsteht, um sich schließlich im Nichts spurlos aufzulösen. Das eigentliche Wesen, der erste Grund der Welt ist das Leid, der Urschmerz. Dies macht verständlich, warum Nietzsche im „Versuch einer Selbstkritik“ die Auffassung in Frage stellt, dass der Optimismus ein Zeichen der Blütezeit ist. Vielmehr war der mit dem Namen Sokrates verbundene Optimismus und die Hoffnung, die Welt vernünftig erkennen zu können, ein Symptom einer unheilbaren Krankheit, ein Todeszeichen. Was die Kunst fordert, ist nicht der Optimismus, sondern der Pessimismus.59 Das Sein selbst ist also in seinem Innersten untrennbar mit Pessimismus verbunden und das ist das Faktum, das nicht „das Erspriesslichste“ für den Menschen ist. Nietzsche gibt die alte Sage wieder, nach der der König Midas den weisen Silen aufsucht, um ihn zu fragen, was für den Menschen das Allerbeste sei. Der Silen antwortet darauf: „Das Allerbeste ist für dich gänzlich unerreichbar: nicht geboren zu sein, nicht zu sein, nichts zu sein. Das Zweitbeste aber ist für dich — bald zu sterben.“60 Wie kann man angesichts dieses Grauens noch die menschliche Existenz rechtfertigen? Wie kann man es ertragen, jeden Morgen die Augen zu öffnen? Das ist der Augenblick, an dem das Apollinische, „das entzückte Verharren vor einer erdichteten und erträumten Welt“,61 ins Spiel kommt. Um die Wirkung der Schönheit des Scheins auszudrücken, haben die Griechen die olympischen Götter erdichtet, „[u]m leben zu können“62 mussten die Bewohner des Olymps ins Dasein gerufen werden. „So rechtfertigen die Götter das Menschenleben, indem sie es selbst leben.“63

Außer dem oben erwähnten Gegensatz zwischen der Kunst des Bildners und der der Musik verwendet Nietzsche noch ein weiteres Gleichnis, um das Wesen des Apollinischen und des Dionysischen näher zu bestimmen, und zwar spricht er vom Traum und Rausch.64 Die Welt, wie sie uns vor unseren Augen erscheint, erscheint eben nur so, an sich ist sie „eine einzige ununterschiedene Flut“.65 In Dionysus, wie unter der Wirkung des Rausches, taucht der Mensch in die Selbstvergessenheit ein, die Grenzen des Individuellen verschwimmen immer mehr, bis sie verschwinden. Auf der anderen Seite dieses Ur-Eine selbst, in dem alles Seiende wurzelt und aus dem Alles hervorgeht, träumt die Welt durch den Menschen und ist somit selbst der Grund für die Erscheinung. Das ist der Unterschied zu Schopenhauers System, dem die Prinzipien des Dionysischen und des Apollinischen entnommen sind. „Für Schopenhauer bewirken die reinen Formen der Anschauung, Raum und Zeit, als das ‚principium individuationis‘ die Zerteilung alles für uns Seienden in die Vereinzelung“.66 Es ist also nicht der Wille selbst, wie es bei Nietzsche der Fall ist.67

Entstehung und Verfall der griechischen Tragödie

Die tragische Kunst, an beiden Erfahrungen reich, wird als Versöhnung des Apoll und Dionysos bezeichnet: der Erscheinung wird die tiefste Bedeutsamkeit geschenkt, durch Dionysos: und diese Erscheinung wird doch verneint und mit Lust verneint.

Herbst 1885 – Herbst 1886
Friedrich Nietzsche68

Nietzsche hat die tragische Kunst als Gegenstand seiner Betrachtung ausgewählt, weil sie die Tragik des Lebens wiedergibt. Alles Leben dreht sich selbst im ewigen Kreis von Werden und Vergehen, und es hat ihren Ursprung in der Duplizität des Apollinischen und Dionysischen genauso wie die griechische Tragödie. Die Griechen konnten die beiden Gegensätze in der Tragödie vereinigen und miteinander versöhnen.69 Die Entstehung der Tragödie ist nicht so wichtig in historischer Hinsicht wie für die Beschreibung dessen, wie die Kunst überhaupt „geboren“ wird.

Als Vorbild eines Tragödiendichters wählt Nietzsche Archilochus, der uns „durch die trunknen Ausbrüche seiner Begierde“70 erschreckt, er ist also ein dionysischer Dichter. Sein Verdienst ist, dass er das Volkslied in die Literatur eingeführt hat, wobei das Volkslied dadurch, dass sie als „ursprüngliche Melodie“ verstanden, eine metaphysische Bedeutung bekommt.71„ Hier folgt Nietzsche Schopenhauer, für den es innerhalb der Musik die Melodie ist, die als tonaler Zusammenhang dem ‚Willen‘ am nächsten kommt.“72

Wie Nietzsche bereits in seinem Vortrag „Die griechische Musikdrama“ erläutert, ist die attische Tragödie aus dem Chor entstanden und war „nur Chor und nichts als Chor“.73 Der Chor ist wiederum ein dionysisches Element, weil Nietzsche ihn „Satyrchor“74 bezeichnet, es wurde also vorgestellt, dass er aus den mythischen Wesen, die Dionysus begleiteten, besteht. Auch das Thema der Tragödie war nichts anderes als Dionysus und die Darstellung seiner Leiden. Nietzsche erblickt hier aber etwas, was er „metaphysischen Trost“ nennt, und zwar besteht dieser Trost darin zu sagen, dass das Leben trotz allem „unzerstörbar mächtig und lustvoll sei“.75 Wiebrecht Ries bemerkt dazu, dass der metaphysiche Trost nicht der griechischen Tragödie entstammt, sondern vielmehr Nietzsches Lebensphilosophie. Nietzsche wendet sich im Grunde gegen den Pessimismus von Schopenhauer und behauptet das Leben als etwas Lustvolles, etwas, was gerechtfertigt werden kann.76

An der Stelle, an der Nietzsche über das Volkslied spricht, redet er über den Prozess einer Entladung der Musik in Bildern.77 Wie ich bereits erwähnt habe, hat das Bild gegenüber der Musik eine sekundäre Stellung, einerseits hilft es bei der Deutung der Musik, andererseits ist die Gewalt der Musik, deren Klang aus dem tiefsten Grund der Welt stammt, so gewaltig, dass sie eine Entladung im Bild nötig hat, sie muss besänftigt werden.78 Für Nietzsche wird der Prozess der Entladung in der Tragödie nachvollziehbar: Das Geschehnis der Tragödie wird in der Handlung entladen. Das ist eine Parallele zu dionysischen Festen: Am Ende des Festes war genauso die Entladung in der tragischen Handlung vonnöten, um in das tägliche, individuelle Leben zurückzukehren.

Es ist wichtig anzumerken, dass es eben um ein Geschehnis, genauer gesagt um ein Erlebnis geht. Es gibt einen Unterschied zwischen dem erzählten, ewigen (zeitlosen) Epos und der Tragödie als Drama, die erlebt wird. Der Chor sieht die göttlichen, dionysischen Visionen; die Zuschauer sind keine Zuschauer, sondern Zeugen; die Helden, „alle die berühmten Figuren der griechischen Bühne Prometheus, Oedipus u.s.w. [sind] nur Masken jenes ursprünglichen Helden Dionysus […]“.79 Die Tragödie wird nicht einfach gespielt, sondern immer neu erlebt.80 Dies erklärt unter Anderem, wieso Nietzsche im „Versuch einer Selbstkritik“ schreibt, dass „Die Geburt der Tragödie“ ein Buch für die Künstler ist, es ist ja „aus lauter vorzeitigen übergrünen Selbsterlebnissen“81 aufgebaut. Es reicht nicht, etwas über die Kunst zu lesen oder sie zu besprechen. Allein die Selbsterlebnisse haben das entscheidende Gewicht. Es ist ein Buch, die für diejenigen geeignet sind, die mit Nietzsche gleichgesinnt sind, „für Künstler mit dem Nebenhange analytischer und retrospektiver Fähigkeiten“.82

Der Verfall der Tragödie fängt mit Euripides an, „der die vernunftgeprägte Weltverhaltung in der Tragödiendichtung und dann in der Kunst überhaupt — wesenswidrig — zur Herrschaft gebracht haben soll“.83 Während Ulrich von Wilamowitz-Möllendorff den alleinigen Grund Nietzsches Argumentation gegen Euripides darin sieht, dass Nietzsche mit einem maßlosen Hass gegen den Dichter, „welcher nächst Homer dem gesamten altertum teuer und vertraut war“,84 erfüllt war, betrachtet W. Ries diese Entgegenstellung eines wahren, dionysischen Tragikers, Archilochus, und „frevelndes“85 Euripides als Teil einer Strategie. Nietzsche zielt damit auf die Gegenwartskritik ab.86 Hier kommt „der tiefe Hass gegen ‚Jetztzeit‘, ‚Wirklichkeit‘ und ‚moderne Ideen‘“87 zum Ausdruck. Die Kritik wird von Nietzsches Zeit auf die Antike projiziert, das idealisierte sechste Jahrhundert wird hervorgehoben und der Zeit des Verfalls, dem dritten und vierten Jahrhundert entgegengestellt.88

Aus dem Euripides spricht weder Dionysus noch Apollo, sondern „ein ganz neugeborner Dämon, genannt Sokrates“.89 Im Folgenden entwickelt Nietzsche das Bild eines theoretischen Menschen, dessen Hauptvertreter Sokrates ist. Der theoretische Mensch ist auch um die Suche der Wahrheit bemüht, um das Erkennen des Innersten des Seins, aber er sucht die Wahrheit auf einem ganz anderen Wege. Anhand eigener Vernunft versucht der Theoretiker die kausalen Zusammenhänge in der Natur zu erkennen. Er vertieft sich immer weiter in die theoretischen Erkenntnisse mit dem Glauben (sogar wie Nietzsche sagt von der „Wahnvorstellung“ getrieben), „dass das Denken, an dem Leitfaden der Causalität, bis in die tiefsten Abgründe des Seins reiche, und dass das Denken das Sein nicht nur zu erkennen, sondern sogar zu corrigiren im Stande sei“.90 Das Eintreten des theoretischen Menschen in die griechische Kultur kennzeichnet gleichzeitig den Tod der Tragödie und damit auch den Tod der Kunst überhaupt. Die Wissenschaft sucht auf der Oberfläche, nur in der apollinischen Erscheinung und reicht nicht bis zum dunklen Grund des Daseins, der sich einem in der Tragödie offenbart.

Obwohl Nietzsche im „Versuch einer Selbstkritik“ schreibt, dass er „Hoffnungen anknüpfte, wo Nichts zu hoffen war, wo Alles allzudeutlich auf ein Ende hinwies“,91 sah er vor seiner Enttäuschung und dem Bruch mit Wagner in 187692 ein Potenzial zur Wiedergeburt der Tragödie beziehungsweise zur Auferstehung der Kunst. Bereits am Anfang schrieb Nietzsche über seine Erfahrung, dass wir bei dem „höchsten Leben“ der Traumwirklichkeit „doch noch die durchschimmernde Empfindung ihres Scheins haben“93 und zur Bekräftigung seiner Worte auf Schopenhauer verwiesen hat, der behauptete, dass, wenn einem alle Dinge manchmal als bloße Phantome vorkommen, dies ein Kennzeichen philosophischer Befähigung ist.94Eben Schopenhauer, der seinerseits an Kants Erkenntniskritik anknüpft, trägt der Wiedergeburt der Tragödie und der Kunst bei, indem er den „metaphysischen Erkenntnisoptimismus“ kritisiert.95 Auch in der deutschen Musik, wie etwa „Tristan und Isolde“ von Richard Wagner, lassen sich die Töne erkennen, die die Ketten der Erscheinung zerreißen und den Menschen zum finsteren Grund seiner Selbst und der Welt bringen.96 Bezüglich Wagner findet man bei Nietzsche folgende Aufzeichnung aus dem Jahr 1871:

„Ich erkenne die einzige Lebensform in der griechischen: und betrachte Wagner als den erhabensten Schritt zu deren Wiedergeburt im deutschen Wesen.“97

Zeitgenössische Rezeption

Was ist von dieser Geschichte der griechischen Tragödie, wie sie von Nietzsche dargelegt wird, zu halten? Was hatte der Autor im Sinne als er dieses sein erstes Buch schrieb? Das ist im Grunde ein Werk, das ein philologisches Problem behandelt. Gleichzeitig wurde oben eine Vielfalt philosophischer Fragestellungen aufgezeigt, die der Autor untersucht. „Die Geburt der Tragödie“ enthält die Grundzüge der gesamten späteren Philosophie von Nietzsche. Die Themen, die er in der Tragödienschrift berührt, sind prägend für sein gesamtes Denken, sie werden wieder aufgegriffen und weiter entwickelt.98 Es stellt sich aber die Frage, ob diese Idealisierung der griechischen Tragödie als eigentliche Kunst, ihr Verfall und Tod, der philologisch-historischen Realität entspricht, zumindest dem Wissensstand Nietzsches Zeit. Wilamowitz-Möllendorff hat Nietzsche und sein Werk „Geburt der Tragödie“ in seinem Aufsatz „Zukunftsphilologie!“ sehr scharf angegriffen. Nach dem Versuch Wagners, Nietzsche zu verteidigen, hat Wilamowitz-Möllendorff sogar eine Fortsetzung „Zukunftsphilologie! Zweites Stück. eine erwiderung auf die rettungsversuche für Fr. Nietzsches ‚Geburt der tragödie‘“ verfasst.99

Bereits im Titel des zweiten Aufsatzes stehen die Begriffe, die es deutlich machen, wie Wilamowitz-Möllendorff als Philologe Nietzsches Werk bewertet. Nietzsche wurde nicht verteitigt, sondern man versuchte ihn zu „retten“ und er konnte trotz alledem nicht gerettet werden, weil es nur „Versuche“ waren. Im ersten Teil seiner Auseinandersetzung mit „Geburt der Tragödie“ wirft Wilamowitz-Möllendorff Nietzsche vor, Winckelmann, nie gelesen zu haben,100 Homer nicht zu kennen,101 Archilochus und die Geschichte der griechischen Musik gröblich zu verkennen102 und die Tragödie überhaupt, nicht zu kennen.103

Wilamowitz-Möllendorff veweist auf Winckelmann, der gezeigt hat, „wie die allgemeinen regeln wissenschaftlicher kritik auch für die geschichte der kunst, ja für das verständnis jedes einzelnen kunstwerks nötig seien, […]“.104 Und der Ursprung des Missverständnisses zwischen Wilamowitz-Möllendorff und Nietzsche scheint eben in dieser „Wissenschaftlichkeit“ zu liegen. Wenn man den Text der Tragödienschrift sich anschaut, wird man feststellen, dass Nietzsche kaum die Quellen angibt, aus denen er das Material für seine Überlegungen schöpft, oder die Angaben sind sehr ungenau. An ein paar Stellen wird Schopenhauers „Die Welt als Wille und Vorstellung“ zitiert, die aber wohl nicht so aussagekräftig für eine philologische Forschung der attischen Tragödie ist, ansonsten werden einige moderne und antike Autoren erwähnt ohne genauere Angaben. Die Vernachlässigung der Prinzipien des wissenschaftlichen Arbeitens ist kaum ein Zufall oder Unaufmerksamkeit Nietzsches. Der Grund liegt meines Erachtens darin, dass die primäre Zielsetzung beim Schreiben der Arbeit „Die Geburt der Tragödie“ gar nicht eine wissenschaftliche Untersuchung der Entstehung der attischen Tragödie war. Vielmehr handelt es sich bei diesem Buch um einen modernen Mythos. Warum braucht man aber in unserer von der Wissenschaft aufgekläre Gesellschaft Mythen? Denn wenn die Wissenschaft an ihre Grenzen kommt, muss sie in Kunst umschlagen.105 Die wichtigsten Fragen des menschlichen Seins berührt die Wissenschaft nicht, sie stellt sie oft nicht mal auf. Was ist der Sinn dessen, dass es etwas gibt. Um die Antwort auf diese Frage zu geben, bedarf man eines Mythos, der erzählt, wie die Tragödie aus dem Geiste der Musik geboren wird und wie diese göttliche Musik der tragischen Aufführung auf der Bühne des Lebens Sinn verleiht.

Giorgio Colli nimmt Nietzsches philologische Position ernster. Er konstatiert zwar auch die Tatsache, dass „[d]ie klassische Altertumswissenschaft […] Nietzsches Konzeption als unwissenschaftlich stillschweigend ignoriert“106 hat, aber fügt hinzu, dass die Wissenschaft selbst nicht viel mehr auf diesem Gebiet geleistet hat: „Die überlieferten Fakten sind immer noch die gleichen, dürftigen und unsicheren.“107 Jedoch auch G. Colli ist es bewusst, dass „Die Geburt der Tragödie“ „keine historische Interpretation“ der Entstehung und des Verfalls der Tragödie ist, sondern das Werk „eine Interpretation des gesamten Griechentums“ und „eine philosophische Gesamtschau“ entfaltet.108

Böning, Thomas, Metaphysik, Kunst und Sprache beim frühen Nietzsche, in: Ernst Behler/Wolfgang Müller-Lauter/Heinz Wenzel (Hgg.), Monographien und Texte zur Nietzsche-Forschung; Bd. 20. Berlin; New York 1988.
Bruse, Klaus-Detlef, Die griechische Tragödie als Gesamtkunstwerk - Anmerkungen zu den musikästhetischen Reflexionen des frühen Nietzsche, in: Ernst Behler u. a. (Hgg.), Nietzsche Studien: Internationales Jahrbuch für die Nietzsche-Forschung; Bd. 13. Berlin; New York 1984, 156–176.
Colli, Giorgio, Nachwort: Die Geburt der Tragödie, in: Giorgio Colli/Mazzino Montinari (Hgg.), Friedrich Nietzsche: Kritische Studienausgabe; Bd. 1. München 21999, 901–904.
Goethe, Johann Wolfgang von, Faust. Der Tragödie erster Teil. Husum/Nordsee 2012.
Groddeck, Wolfram, „Die Geburt der Tragödie“ in „Ecce homo“: Hinweise zu einer strukturalen Lektüre von Nietzsches „Ecce homo“, in: Ernst Behler u. a. (Hgg.), Nietzsche Studien: Internationales Jahrbuch für die Nietzsche-Forschung; Bd. 13. Berlin; New York 1984, 325–331.
Gründer, Karlfried (Hg.), Der Streit um Nietzsches „Geburt der Tragödie“: Die Schriften von E. Rohde, R. Wagner, U. v. Wilamowitz-Möllendorff. Hildesheim 1969.
Hayman, Ronald, Friedrich Nietzsche: Der mißbrauchte Philosoph; übersetzt von Egbert von Kleist. München 1985.
Kornwachs, Klaus, Philosophie der Technik: Eine Einführung. München 2013.
Nietzsche, Friedrich, Die Geburt der Tragödie, in: Giorgio Colli/Mazzino Montinari (Hgg.), Friedrich Nietzsche: Kritische Studienausgabe; Bd. 1. München 21999.
———, Die nachgelassenen Fragmente. Eine Auswahl; herausgegeben von Günter Wohlfart. Stuttgart 1996.
———, Ecce homo: Wie man wird, was man ist, in: Giorgio Colli/Mazzino Montinari (Hgg.), Friedrich Nietzsche: Kritische Studienausgabe; Bd. 6. München 21999.
Ries, Wiebrecht, Nietzsche für Anfänger. Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik. Eine Lese-Einführung von Wiebrecht Ries. München 1999.
Safranski, Rüdiger, Nietzsche: Biographie seines Denkens. München; Wien 2000.
Schulz, Walter, Funktion und Ort der Kunst in Nietzsches Philosophie, in: Ernst Behler u. a. (Hgg.), Nietzsche Studien: Internationales Jahrbuch für die Nietzsche-Forschung; Bd. 12. Berlin; New York 1983, 1–31.
Wilamowitz-Möllendorff, Ulrich von, Zukunftsphilologie!, in: Karlfried Gründer (Hg.), Der Streit um Nietzsches „Geburt der Tragödie“: Die Schriften von E. Rohde, R. Wagner, U. v. Wilamowitz-Möllendorff. Hildesheim 1969, 27–55.

  1. J.W. von Goethe, Faust. Der Tragödie erster Teil, Husum/Nordsee 2012, 20.↩︎

  2. F. Nietzsche, Die nachgelassenen Fragmente. Eine Auswahl, hg. von G. Wohlfart, Stuttgart 1996, 105.↩︎

  3. ebd. 133.↩︎

  4. K. Kornwachs, Philosophie der Technik: Eine Einführung, München 2013, 7.↩︎

  5. Nietzsche, Die nachgelassenen Fragmente. Eine Auswahl, 97.↩︎

  6. R. Safranski, Nietzsche: Biographie seines Denkens, München; Wien 2000, 25.↩︎

  7. Vgl. W. Ries, Nietzsche für Anfänger. Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik. Eine Lese-Einführung von Wiebrecht Ries, München 1999, 11.↩︎

  8. ebd.↩︎

  9. ebd. 7.↩︎

  10. Vgl. Safranski, Nietzsche, 52.↩︎

  11. Vgl. R. Hayman, Friedrich Nietzsche: Der mißbrauchte Philosoph, übers. von E. von Kleist, München 1985, 183.↩︎

  12. ebd.↩︎

  13. Vgl. Ries, Nietzsche für Anfänger. Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik, 12.↩︎

  14. Vgl. W. Groddeck, „Die Geburt der Tragödie“ in „Ecce homo“: Hinweise zu einer strukturalen Lektüre von Nietzsches „Ecce homo“, in: E. Behler u. a. (Hgg.), Nietzsche Studien: Internationales Jahrbuch für die Nietzsche-Forschung, Bd. 13, Berlin; New York 1984, 325–331, 326.↩︎

  15. Vgl. F. Nietzsche, Die Geburt der Tragödie, in: G. Colli/M. Montinari (Hgg.), Friedrich Nietzsche: Kritische Studienausgabe, Bd. 1, München 21999, 11–22.↩︎

  16. Vgl. F. Nietzsche, Ecce homo: Wie man wird, was man ist, in: G. Colli/M. Montinari (Hgg.), Friedrich Nietzsche: Kritische Studienausgabe, Bd. 6, München 21999, 309–315.↩︎

  17. Nietzsche, Die Geburt der Tragödie, 25.↩︎

  18. Vgl. Ries, Nietzsche für Anfänger. Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik, 29 f.↩︎

  19. ebd.↩︎

  20. Vgl. Safranski, Nietzsche, 52 f.↩︎

  21. Nietzsche, Die nachgelassenen Fragmente. Eine Auswahl, 58.↩︎

  22. Vgl. Safranski, Nietzsche, 54.↩︎

  23. ebd.↩︎

  24. Nietzsche, Die nachgelassenen Fragmente. Eine Auswahl, 20.↩︎

  25. Vgl. Safranski, Nietzsche, 55 f.↩︎

  26. Vgl. Ries, Nietzsche für Anfänger. Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik, 30.↩︎

  27. Vgl. Hayman, Friedrich Nietzsche, 137 f.↩︎

  28. Vgl. Safranski, Nietzsche, 55.↩︎

  29. Vgl. Hayman, Friedrich Nietzsche, 99 f.↩︎

  30. Vgl. Ries, Nietzsche für Anfänger. Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik, 17 f.↩︎

  31. Vgl. W. Schulz, Funktion und Ort der Kunst in Nietzsches Philosophie, in: E. Behler u. a. (Hgg.), Nietzsche Studien: Internationales Jahrbuch für die Nietzsche-Forschung, Bd. 12, Berlin; New York 1983, 1–31, 19.↩︎

  32. Vgl. T. Böning, Metaphysik, Kunst und Sprache beim frühen Nietzsche, in: E. Behler/W. Müller-Lauter/H. Wenzel (Hgg.), Monographien und Texte zur Nietzsche-Forschung, Bd. 20, Berlin; New York 1988, 1.↩︎

  33. Vgl. Schulz, Funktion und Ort der Kunst in Nietzsches Philosophie, 19 f.↩︎

  34. Vgl. Böning, Metaphysik, Kunst und Sprache beim frühen Nietzsche, 231.↩︎

  35. Ries, Nietzsche für Anfänger. Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik, 18.↩︎

  36. Vgl. Hayman, Friedrich Nietzsche, 523.↩︎

  37. Vgl. Ries, Nietzsche für Anfänger. Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik, 20.↩︎

  38. Vgl. Safranski, Nietzsche, 56.↩︎

  39. Vgl. K.-D. Bruse, Die griechische Tragödie als Gesamtkunstwerk - Anmerkungen zu den musikästhetischen Reflexionen des frühen Nietzsche, in: E. Behler u. a. (Hgg.), Nietzsche Studien: Internationales Jahrbuch für die Nietzsche-Forschung, Bd. 13, Berlin; New York 1984, 156–176, 158 f.↩︎

  40. Nietzsche, Die nachgelassenen Fragmente. Eine Auswahl, 219.↩︎

  41. Vgl. Bruse, Die griechische Tragödie als Gesamtkunstwerk - Anmerkungen zu den musikästhetischen Reflexionen des frühen Nietzsche, 158–160.↩︎

  42. Vgl. Nietzsche, Die Geburt der Tragödie, 48 f.↩︎

  43. ebd. 49.↩︎

  44. ebd.↩︎

  45. Ries, Nietzsche für Anfänger. Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik, 40.↩︎

  46. Vgl. ebd.↩︎

  47. ebd. 40–41.↩︎

  48. Nietzsche, Die Geburt der Tragödie, 25.↩︎

  49. Vgl. ebd. 26 ff.↩︎

  50. U. von Wilamowitz-Möllendorff, Zukunftsphilologie!, in: K. Gründer (Hg.), Der Streit um Nietzsches „Geburt der Tragödie“: Die Schriften von E. Rohde, R. Wagner, U. v. Wilamowitz-Möllendorff, Hildesheim 1969, 27–55, 34.↩︎

  51. Vgl. Nietzsche, Die Geburt der Tragödie, 28 ff.↩︎

  52. Vgl. ebd. 33.↩︎

  53. Vgl. Ries, Nietzsche für Anfänger. Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik, 47 f.↩︎

  54. Vgl. Nietzsche, Die Geburt der Tragödie, 70.↩︎

  55. ebd. 75.↩︎

  56. Nietzsche, Die nachgelassenen Fragmente. Eine Auswahl, 183.↩︎

  57. ebd. 182.↩︎

  58. Vgl. ebd.↩︎

  59. Vgl. Nietzsche, Die Geburt der Tragödie, 12 f.↩︎

  60. ebd. 35.↩︎

  61. Nietzsche, Die nachgelassenen Fragmente. Eine Auswahl, 180.↩︎

  62. Nietzsche, Die Geburt der Tragödie, 36.↩︎

  63. ebd.↩︎

  64. ebd. 26.↩︎

  65. Böning, Metaphysik, Kunst und Sprache beim frühen Nietzsche, 216.↩︎

  66. ebd.↩︎

  67. Vgl. ebd. 217.↩︎

  68. Nietzsche, Die nachgelassenen Fragmente. Eine Auswahl, 181.↩︎

  69. Vgl. Ries, Nietzsche für Anfänger. Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik, 56.↩︎

  70. Nietzsche, Die Geburt der Tragödie, 43.↩︎

  71. Vgl. ebd. 48 f.↩︎

  72. Ries, Nietzsche für Anfänger. Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik, 67.↩︎

  73. Nietzsche, Die Geburt der Tragödie, 52.↩︎

  74. Vgl. ebd. 55.↩︎

  75. ebd. 56.↩︎

  76. Vgl. Ries, Nietzsche für Anfänger. Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik, 70.↩︎

  77. Vgl. Nietzsche, Die Geburt der Tragödie, 50.↩︎

  78. Vgl. Ries, Nietzsche für Anfänger. Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik, 67 f.↩︎

  79. Nietzsche, Die Geburt der Tragödie, 71.↩︎

  80. Vgl. Ries, Nietzsche für Anfänger. Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik, 71–73.↩︎

  81. Nietzsche, Die Geburt der Tragödie, 13.↩︎

  82. ebd.↩︎

  83. Böning, Metaphysik, Kunst und Sprache beim frühen Nietzsche, 238.↩︎

  84. Wilamowitz-Möllendorff, Zukunftsphilologie!, 48.↩︎

  85. Vgl. Nietzsche, Die Geburt der Tragödie, 74.↩︎

  86. Vgl. Ries, Nietzsche für Anfänger. Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik, 92.↩︎

  87. Nietzsche, Die Geburt der Tragödie, 21.↩︎

  88. Ries, Nietzsche für Anfänger. Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik, 91 f.↩︎

  89. Nietzsche, Die Geburt der Tragödie, 83.↩︎

  90. ebd. 99.↩︎

  91. ebd. 20.↩︎

  92. Vgl. Safranski, Nietzsche, 379.↩︎

  93. Nietzsche, Die Geburt der Tragödie, 26.↩︎

  94. Vgl. ebd. f.↩︎

  95. Vgl. Ries, Nietzsche für Anfänger. Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik, 113.↩︎

  96. Vgl. ebd. 114–116.↩︎

  97. Nietzsche, Die nachgelassenen Fragmente. Eine Auswahl, 24.↩︎

  98. Vgl. Ries, Nietzsche für Anfänger. Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik, 12.↩︎

  99. Siehe K. Gründer (Hg.), Der Streit um Nietzsches „Geburt der Tragödie“: Die Schriften von E. Rohde, R. Wagner, U. v. Wilamowitz-Möllendorff, Hildesheim 1969.↩︎

  100. Vgl. Wilamowitz-Möllendorff, Zukunftsphilologie!, 32.↩︎

  101. Vgl. ebd. 35.↩︎

  102. Vgl. ebd. 38.↩︎

  103. Vgl. ebd. 46.↩︎

  104. ebd. 32.↩︎

  105. Vgl. Nietzsche, Die Geburt der Tragödie, 99.↩︎

  106. G. Colli, Nachwort: Die Geburt der Tragödie, in: G. Colli/M. Montinari (Hgg.), Friedrich Nietzsche: Kritische Studienausgabe, Bd. 1, München 21999, 901–904, 901.↩︎

  107. ebd.↩︎

  108. Vgl. ebd. 902.↩︎