„Der Zauberlehrling“ von Johann Wolfgang von Goethe. Teil 3. Analyse der Ballade

Textzusammenfassung

Es geht in der Ballade „Der Zauberlehrling“ von Johann Wolfgang von Goethe, die im Jahr 1797 erschienen ist, um einen Hexenmeister, der einmal irgendwohin weggegangen ist und seinen Lehrling allein ließ. Der Zauberlehrling wollte seine Macht und seinen Zauber ausprobieren und Geister im Haus steuern. Von seinem Meister konnte er die Wörter, mit denen er diese Geister rufen könnte. Mit Geistesstärke hat der Zauberlehrling einen Besen lebendig gemacht. Um ein Wunder zu tun, wurde dem Besen befohlen, auf zwei Beinen zu stehen, die schlechten Lumpenhüllen zu nehmen und ein Becken voll mit Wasser zu füllen. Der Besen musste als Knecht dienen, zu einer Fluss laufen und Wasser bringen.

Der Besen führte seine Aufgabe so behände aus, dass das seinen „Wirt“ wunderte. Als das Ziel erreicht wurde, sagte der Zauberlehrling seinem Knecht, dass alles, was nötig gewesen war, jetzt gemacht ist. Und er merkte gleich, dass er die Wörter vergessen hat, mit denen er den Besen zum vorherigen Zustand hätte machen können, und der Besen setzte fort, das Wasser zu tragen, bis das Wasser auf den Zauberlehrling aufstürzte und das Haus angefangen hat, zu ersaufen.

Das Haus wurde immer mehr mit Wasser gefüllt. Der Zauberlehrling war wütend und schrie dem Besen davor, aber es war umsonst, weil der Besen nicht hören wollte. Der Zauberlehrling hat gesagt, dass er den Besen fassen und halten will. Dann hat der Zauberlehrling ein scharfes Beil genommen, sich auf den Besen geworfen und ihn damit gespaltet. Sein Feind war entzwei, und der Lehrling hörte auf sich Sorgen um ihn zu machen.

Plötzlich sind die beiden Teile doch aufgestanden und trugen schon das Wasser zu zweit und selbstverständlich noch schneller. Der Zauberlehrling wusste überhaupt nicht, was er in dieser Situation machen könnte und fing an, den Meister zu rufen. Endlich kam der erwartete Meister, den der Zauberlehrling bat zu helfen. Der Meister hat den Besen rasch in die Ecke geschickt und gesagt, dass der Meister für das Spiel mit Geistern zunächst gerufen werden soll.

Formaler Aufbau

Die Ballade besteht aus 14 Strophen. Jede zweite hat ein anderes Reimschema als die anderen und ist einem Refrein ähnlich. Das sieht folgendermaßen aus:

Hat der alte Hexenmeister a
Sich doch einmal wegbegeben! b
Und nun sollen seine Geister a
Auch nach meinem Willen leben. b
Seine Wort und Werke c
Merkt ich, und den Brauch, d
Und mit Geistesstärke c
Tu ich Wunder auch. d
 
Walle! walle e
Manche Strecke, f
Daß, zum Zwecke, f
Wasser fließe, g
Und mit reichem vollem Schwalle e
Zu dem Bade sich ergieße. g

Ungerade Strophen bestehen aus 8 Versen, die mit Kreuzreim verbunden sind. Gerade Strophen haben nur 6 Verse mit Reim e-f-f-g-e-g. Das Versmaß ist Trochäus.

Die Sätze sind meistens kurz und sind oft koordinierend verbunden, was für Leser leicht zu verstehen ist, trotzdem sind viele Wörter vorhanden, die heute schwierig zu kapieren sind.

Stilmittel

Personifikation in dieser Ballade ist der lebendige Besen, der zwar nicht richtig denken kann, aber kann sich bewegen, Befehle ausführen. Ich würde sagen, dass das Holz die Rolle von Menschen spielt, weil nachdem sie gespaltet worden waren, konnten die beiden Teilen handeln. Zum Besen werden viele menschliche Eigenschaften verwendet: böse, verrucht; er kann Knecht sein, steht auf zwei Beinen und hat einen Kopf oben. Das Wasser kann auch als Personifikation verstanden sein.

Es gibt eine Antithese in der zwölften Strophe: Knechte — Mächte.

Die Parabel sind hundert Flüsse, die auf den Zauberlehrling aufstürzen.

Ein Zauberlehrling, ein Hexenmeister und die Geister, von denen eine Sache lebendig werden kann, können im realen Leben kaum existieren, also sind sie Metaphern.

Behende würde man mit „ä“ schreiben (behände). Das ist ein Archaismus.

Analysieren des Inhalts der Ballade

Der Titel und das Thema der Ballade

Der Titel der Ballade bezieht sich auf die Hauptperson, den Zauberlehrling.

Das Thema: mit dem Werk wollte der Autor zeigen, wie wichtig die Rolle von Lehrer bzw. guter Regierung im Leben ist.

Gliederung

Die Ballade wird mit einem Vorwort angefangen, in dem der Leser in die beschriebene Situation eingeführt (Weggang des Meisters) und mit handelnden Personen (mit dem Zauberlehrling und den Geistern) bekanntgemacht wird. Das sind die ersten vier Verse.

Dann entwickelt sich die Geschichte, bis der Zauberlehrling gemerkt hat, das er ein wichtiges Wort vergessen hat.

Danach stellt sich das Problem. Das Geschehene wird total geändert und wendet sich gegen den Zauberlehrling.

Als nächstes kommt die Kulmination. Die Hauptfigur sucht einen Ausgang und greift das Beil. Der alte Besen ist gespalten und der Zauberlehrling denkt, dass er den Sieg errungen hat. Die Spannung fällt ab. Aber kurz nachher hat der Lehrling schon „zwei Probleme“ statt einem. Man beobachtet kurz neue Entwicklung des Erzählten. Die Spannung nimmt wieder zu.

Die vier letzten Verse der vorletzten Strophe sind schon die Lösung, denn endlich kommt der Meister.

Die letzte Strophe kann man zum Nachwort zählen, da der alte Hexenmeister sagt, was man machen sollen hätte.

Typisierung der handelnden Personen

<i>Den Hexenmeister</i> begegnet man nur am Anfang und am Ende. Am Anfang erwähnt der Autor ihn nur. Am Ende zieht er die Schlussfolgerung. Der Meister scheint nicht böse zu sein, er fühlt sich sicher, ist ruhig und hat ausgezeichnete Kenntnisse, kennt seine Arbeit sehr gut.

Der Zauberlehrling ist, wie bereits erwähnt, die Hauptperson. Er benimmt sich wie ein Jugendlicher oder ein Kind. Er ist ungehorsam und verwegen, will mit dem Feuer spielen, ohne bevor nachzudenken. Der Lehrling wollte, dass alle (z.B. der Besen) ihn hören und selber macht schlimme Sachen ohne Erlaubnis. Er kriegt sehr schnell Ärger, wird wütend und kann sich nicht kontrollieren (greift das Beil). Nur wenn es keine andere Wahl gibt, trifft der Zauberlehrling vernünftige Entscheidung — ruft seinen erfahrenen Meister.

<i>Der Besen</i> macht alles unbewusst. Er ist von den Geistern des Meisters gesteuert. <i>Den Geistern</i> ist egal, wen zu hören. Sie sind brav, sogar wenn dass unnötig und schädlich ist, haben keinen Willen und können ohne guten Chef alles vor sich zerstören.

Interpretation

Die Ballade wurde das erste Mal im von Friedrich Schiller herausgegebenen „Musen-Almanach“ für das Jahr 1798 erschienen. Die Geschichte, die in der Goethes „Der Zauberlehrling“ erzählt wurde, ist nicht neu. Vermutlich wurde ein Teil aus „Der Lügenfreund oder der Ungläubige“ vom griechischen Dichter Lukian von Samosata genommen, ergänzt bzw. verändert und umgeschrieben. Die Stelle, die als ein Muster dienen könnte, lautet folgendermaßen:

Endlich fand ich doch einmal Gelegenheit, mich in einem dunkeln Winkel verborgen zu halten und die Zauberformel, die er dazu gebrauchte, aufzuschnappen, indem sie nur aus drei Silben bestand. Er ging darauf, ohne mich gewahr zu werden, auf den Marktplatz, nachdem er dem Stößel befohlen hatte, was zu tun sei. Den folgenden Tag, da er geschäftehalber ausgegangen war, nehm’ ich den Stößel, kleide ihn an, spreche die besagten drei Silben und befehle ihm, Wasser zu holen. Sogleich bringt er mir einen großen Krug voll. Gut, sprach ich, ich brauche kein Wasser mehr, werde wieder zum Stößel! Aber er kehrte sich nicht an meine Reden, sondern fuhr fort, Wasser zu tragen, und trug so lange, daß endlich das ganze Haus damit angefüllt war. Mir fing an, bange zu werden, Pankrates, wenn er zurückkäme, möcht’ es übelnehmen — wie es dann auch geschah -, und weil ich mir nicht anders zu helfen wußte, nahm ich eine Axt un hieb den Stößel mitten entzwei. Aber da hatte ich es übel getroffen; denn nun packte jede Hälfte einen Krug an und holte Wasser, so daß ich für einen wasserträger nun ehrer zwei hatte. Inmittelst kommt mein Pankrates zurück, und wie er sieht, was passiert war, gibt er ihnen ihre vorige Gestalt wieder; er selbst aber machte sich heimlich aus dem Staube, und ich habe ihn nie wieder gesehen.1

Im Jahr 1940 Walt Disney machte aus der Goethes Ballade einen Zeichentrickfilm mit Micky Maus.

Wer Erzähler ist, ist ein bisschen unklar. Er scheint der Zauberlehrling selber zu sein. Aber er muss dann allein mit Geistern und dem Besen zu Hause sein, trotzdem wendet er sich in der fünften Strophe an jemanden noch: „<i>Seht</i>, er läuft zum Ufer nieder…“ (Herv. — Eugen Wissner). In der nächsten Strophe sagt der Zauberlehrling: „Stehe! Stehe! Denn <i>wir</i> haben deiner Gaben vollgemessen!…“ (Herv. — Eugen Wissner). Die erste Stelle kann man verstehen als Anrede an Leser; die zweite ist Ruf nicht nur vom Autor, sondern von anderen Menschen auch. Die letzte Strophe in der Ballade spricht der Hexenmeister aus und sie sind von Goethe in Anführungszeichen gesetzt. Fast alles ist in Präsens geschrieben, folglich ist das Gegenwart.

Die Ballade hat die ewige Bedeutung für Menschheit, da sie Probleme beschreibt, die mit menschlicher Psychologie zu tun haben und deshalb waren immer vorhanden, sind zur Zeit vorhanden und werden noch vorhanden sein. Das Werk ist mit Ereignissen der Zeit verbunden, in der Goethe gelebt hat, aber die Geschichte wiederholt sich wegen der schon erwähnten menschlichen Psychologie.

Der Meister ist als „der alte Hexenmeister“ bezeichnet. Das Wort „alt“ bezieht sich nicht auf sein Alter, sondern auf seine Erfahrung. Das ist also ein guter Lehrer, der vielleicht schon alles im Leben gesehen hat. Sein Lehrling ist kindisch.2 Er will prahlen und seine Kenntnisse zeigen, die er vielleicht noch nicht hat, obwohl der berühmteste Satz von einem der weisesten Männer antikes Griechenlands, Sokrates, lehrt darüber, was man an sein Wissen immer denken sollte: „Ich weiß, dass ich nichts weiß“. Der Lehrling hat nicht vor, seinen Meister um Rat zu fragen sondern ruft die Geister, die er wahrscheinlich überhaupt nicht kennt, ruft irgendwelche fremde Geister, die im helfen müssten, ein Wunder zu machen. Das ist vergleichbar mit Ereignissen in der Geschichte von Israel, denen man zahlreich in der Heiligen Schrift begegnen kann. Als Mose weggegangen ist, um das Gottesgesetz (zehn Gebote) von dem Berge zu holen, bat das Volk Aaron einen anderen Gott für sie zu machen. Aaron sammelte die goldenen Ohrringe „und bildete das Gold in einer Form und machte ein gegossenes Kalb. Und sie sprachen: Das ist dein Gott, Israel, der dich aus Ägyptenland geführt hat!“ (2. Mose 32). Als Mose zurückkam, zerbrach er Tafeln unten am Berg. Zorn wurde über die Israeliten entbrannt und der Zauberlehrling wird auch bestraft.

Die Situation scheint zunächst lustig zu sein. Der Lehrling ist zufrieden, kann sich gönnen zu faulenzen, da der Besen alle Arbeiten ausführt und Spaß für seinen Wirt machen kann. Aber ein paar Verse später gehorcht der Besen nicht mehr und macht seine Arbeit, die am Anfang so nützlich schien, weiter. Der Lehrling versucht erstmal den Besen und die Geister mit Wörtern zur Ruhe zu bringen. Wenn das nicht gelingt, greift er zu den Waffen. Dem wird bange. Aber mit allen seinen Handlungen macht der Lehrling nur schlimmer. Mit der Waffe kann ein Problem nicht gelöst werden. Und endlich, wenn fast alles mit dem Wasser voll ist, und es gibt keine andere Chance sich zu retten, versteht der Lehrling, dass er zu schwach ist, und ruft den Meister. Der alte Hexenmeister hört ihn im Unterschied zu den Geistern.

Es passiert, dass Lehrlinge um ihre Lehrer klagen, weil sie nicht alles verstehen können und schließlich gegen sie gehen. Das Gleiche kann in einer Familie betrachtet werden, wenn man die Eltern für die Lehrer und die Kinder für die Lehrlinge hält. Zwischen Kindern und Eltern ist eines der häufigsten Probleme, das sowohl in der russischen als auch in der deutschen Literatur behandelt wird. Einem fremden Menschen ist oft leichter zuzuhören, als den Menschen, die in der Nähe von uns sind und die uns sogar lieben, wenn wir das nicht verstehen.

Die Ebene, auf der die Ballade betrachtet werden kann, kann immer breiter werden. Das kann ganz persönlich sein, eine Familie. Das kann eine Gesellschaft sein, wie z.B. Schule, Universität o.Ä. Das kann aber auch geschichtlich auf das ganze Volk bezogen sein und dann auf die ganze Welt, z.B. französische Revolution. Damals versuchten ganz viele Menschen zunächst in einem Land, dann in ganz Europa, auf ihre alten Ideale, alten Traditionen verzichten und nur sich selbst und ihrer Vernunft zu vertrauen. Egozentrismus ist die Idee der Aufklärung. Da bringt aber noch lange Zeit nichts, weil nichts in Herzen verändert ist. Der König und viele Adlige wurden getötet und andere Räuber haben Macht bekommen aber viele verhungern immer noch. Man muss nach Besserem streben, aber sehr vorsichtig und ohne Eile, sonst können noch weitere Probleme entstehen. Das ist die Idee der Ballade.

Moritz, Karl, Deutsche Balladen: Analyse für den Deutschunterricht. Paderborn: Ferdinand Schönigh 1972.

  1. K. Moritz, Deutsche Balladen: Analyse für den Deutschunterricht, Paderborn: Ferdinand Schönigh 1972.↩︎

  2. Vgl.: Typisierung der handelnden Personen.↩︎